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Australien

Es wird Ernst

Heute Morgen schwirrte mir eine «Informationen zu Ihrer Reise» E-Mail der Lufthansa in die Mailbox. Das heißt: Bald geht’s los. Ums genauer zu sagen geht es in drei Tagen los. Der Flieger von Dresden geht kurz vor 19 Uhr. Nach etwas mehr als vierundzwanzig Stunden erreichen wir dann unser eigentliches Ziel: Australien. Dienstagmorgen 6 Uhr Ortszeit, 22 Uhr deutscher Zeit.

Drei Wochen gilt es den roten Kontinent zu entdecken, wobei wir uns nur einen geringen Teil vorgenommen haben (irgendwann mit mehr Zeit kommt dann sicherlich auch noch mal eine größere Tour).  Wir starten in Sydney, reisen nach Brisbane und von dort aus nach Melbourne. Ein mehr als ausreichendes Programm für drei Wochen. 

Jetzt heißt es aber erst einmal: Packen. Was kommt in den Koffer? Wanderstiefel, Schlafsack, Sachen für Frühling und Sommer (und Herbst, der ja dann im Oktober in deutschen Gefilden herrscht). Das Handgepäck wird mit allerlei technischem Gerät für die dokumentarische Begleitung der Reise und literarischer Versorgung für die Langstreckenflüge gefüllt. 

Ready for Take-Off!

20. September 2015, 20:50

Nach dem kurzen Flug von Dresden nach Frankfurt steht mir jetzt mein erster Langstreckenflug bevor! Kurz vor 22:00 hebt der A380 der Lufthansa Richtung Singapore Changi Airport ab. Schon beachtlich vor einem Flugzeug zu stehen, das in seiner Größe ein Kurz- und Mittelstreckeflieger weit in den Schatten stellt. Ich sitze übrigens im Oberdeck, Reihe 96. In Worten: sechsundneunzig. Mit einer Kapazität von etwa fünfhundert Passagieren ist der Airbus derzeit das größte Passagierflugzeug der Welt. 

Nach ziemlich exakt zwölf Stunden Flugzeit mit geplanter Landung 16:00 Ortszeit (zehn Uhr Deutscher Zeit) heißt es dann noch einmal warten, bevor der Anschlussflug nach Sydney aufbricht. 

21. September 2015, 04:38

Im Flugzeug gibt es funktionierendes WLAN. Und da alle um mich herum schlafen, nutze ich die Zeit für ein paar fotografische Updates des Fluges. Wir befinden uns gerade über Indien, Ortszeit 8:10 (ja, Indien hat eine halbe Zeitzone!), und mehr als die Hälfte des Fluges ist bereits geschafft. In reichlich fünf Stunden erreichen wir den Flughafen in Singapur. 

Sydney

22. September 2015, 13:30

Blick auf den Central Business District (CBD) am Abend.

Heute morgen 6:00 Uhr Ortszeit (22:00, 21.09. Deutscher Zeit) sind wir gesund und munter in Sydney gelandet. Die Immigration Card hatten wir bereits am Singapurer Flughafen ausgefüllt. Neuerdings muss man offensichtlich zusätzlich noch eine »nein, ich habe kein Ebola«-Karte ausfüllen. Eigentlich mit den gleichen Inhalten wie die Einreisekarte. Wie dem auch sei. 

Der zweite Langstreckenflug, immerhin auch reichlich sieben Stunden, war angenehm. Diesmal saßen wir zwar nicht am Fenster und Gang im Oberdeck, sondern am Gang der mittleren Sitzreihe im Hauptdeck. Gesehen haben wir damit also gar nichts. Obwohl wir ebenfalls mit einem A380 geflogen sind — diesmal Singapore Airlines — hätten die Flugzeuge nicht unterschiedlicher sein können. Die Lufthansa-Maschine, die auf den Namen »San Francisco« hört war eine der neuesten in Dienst gestellten A380, während der SQ Flug auf einem bereits reichlich neun Jahre alten Flieger stattfand. Positiv anzumerken ist allerdings, dass die Economy Class im Flugzeug von Singapore Airlines wesentlich mehr Sitzabstand und einen größeren Neigungswinkel der Sitze hat. Sehr angenehm.

Nach dem wir in Sydney aus dem Flieger ausgestiegen sind, mussten wir zu erst durch die Immigration. Das war spielend einfach, auch wenn unsere elektronischen Reisepässe offensichtlich ein anderes Format haben, als alle anderen… Auf jeden Fall haben wir dann auch das Gepäck entgegengenommen — wobei es mir ein Rätsel ist, wie ein Koffer als erstes auf dem Band und ein Koffer als letztes auf dem Band ankommen konnte. Am Zoll sind wir einfach vorbeigelaufen und den Taxistand konnten wir gar nicht übersehen. Zehn Minuten später und vierzig Australische Dollar ärmer sind wir an unserer Unterkunft in einem Wohnviertel zehn Zugminuten von der Innenstadt entfernt angekommen. Beaconsfield. Mit unseren Gastgebern verstehen wir uns gut. Familie Bauer lebt bereits in 5. Generation in Australien, hat aber offensichtlich preußische Vorfahren.

Wir haben uns dann erstmal auf einen kleinen Spaziergang begeben, haben den Supermarkt gesucht und gefunden und die prächtigen Eukalyptusbäume, die die Straßenränder säumen bestaunt. Wieder zurück in der Unterkunft mussten wir dann aber erstmal eine Pause einlegen. Nach reichlich zwei Tagen ohne Bett wollte ich gar nicht mehr aufstehen. Nicht gerade das perfekte Gegenmittel gegen den Jetlag.

Vier Uhr nachmittags haben wir uns dann doch noch einmal aufgerafft und haben unsere Sachen zusammen gesucht für einen ersten Ausflug in die Innenstadt. Ziel war der Circular Quay, ein Fähranleger zwischen Skyline, Habour Bridge und Sydney Opera House. Bereits aus dem Zug konnten wir einen ersten Blick auf das wohl markanteste Gebäude Australiens werfen. Nachdem Aussteigen war es dann nur noch einen Steinwurf entfernt. Die Sydney Oper, mit ihren weißen, Keramik-verkleideten Schalen ist wirklich ein faszinierendes Bauwerk. Wir haben auch einen Blick in die Oper riskiert, den Souvenirladen gefunden und hunderte Fotos geknipst, bevor wir nach Einbruch der Dunkelheit den Heimweg angetreten haben.

(geschrieben in Sydney um 21:30 lokaler Zeit)

Botanischer Garten

23. September 2015, 11:30

Das berühmte Opernhaus von der Fähre aus.

Die Nacht endete heute gut ausgeschlafen bereits acht Uhr. Aufstehen wollte ich dennoch nicht, war dieses Bett doch so bequem und warm (zugegebenermaßen wäre jedes Bett eine Verbesserung zu den vorherigen Nächten im Flugzeug…). Dennoch rollte ich mich aus dem Bett und nach einer Dusche und Müsli zum Frühstück stürzten wir uns wieder auf Entdeckungstour in die Innenstadt von Sydney, die mit reichlich vier Millionen Einwohnern größte Stadt Australiens. Heute stand der Botanische Gartenauf dem Programm. Das mag jetzt erstmal nach keinem tagesfüllenden Programmpunkt klingen, zum Akklimatisieren war es aber mehr als ausreichend.

Um zum Royal Botanic Garden zu gelangen nahmen wir wieder den Zug zum Circular Quay. Das ist allgemein der beste Weg in die Innenstadt: Am dortigen Bahnhof gibt es nämlich auch einen Zentralhalt für Busse aus dem gesamten Stadtgebiet und Ankerpunkt für die Fährrouten.

Am Circular Quay angekommen, begaben wir uns zu einer Fähre und fuhren in Richtung Botanischer Garten (wir hatten den Anleger am botanischen Garten schon gestern entdeckt, da er sich direkt an der Oper befindet). Die Fähre, ein Katamaran, legte langsam ab und wir erhaschten einen Blick auf die Skyline von Sydney. Während wir aus der Bucht von Sydney herausfuhren, backbords die Habour Bridge, steuerbords das Opernhaus, legten wir an Geschwindigkeit zu, der Katamaran und dessen Maschinen zeigten, was sie konnten und wir brausten an der Sydneyer Oper vorbei — und somit auch am Botanischen Garten. Unser Fehler fiel uns schnell auf. Naiverweise hatten wir angenommen, dass Garden Island etwas mit dem Botanischen Garten zu tun hat. Weit gefehlt. »Die Garteninsel«, mittlerweile mehr eine Halbinsel, ist militärisches Gebiet. Beherbergt aber einen Aussichtspunkt — und wie uns der Security Officer stolz mitteilte, »the only point where you can catch the Skyline, the Habour Bridge and the Opera House in one frame«, also der einzige Aussichtspunkt, an dem man die ganze Innenstadt, die markante Habour Bridge und die Oper auf ein Bild bekommt. Zu ihrem Namen kommt die Insel übrigens auf Grund ihrer ehemaligen Nutzung. Günstig und vor allem sicher vor der Bucht gelegen, diente die Insel als Gartenanlage zur Kultivierung von Nutzpflanzen für die Reisen der großen Segelschiffe aus der Entdeckerzeit. Heutzutage erinnert daran maximal noch eine Infotafel. Die Hälfte der Insel ist militärisches Sperrgebiet mit Werft, größtem australischen Militärhafen und Flottenstützpunkt.

Mit der nächsten Fähre ging es dann schon wieder zurück zum Circular Quay, um von dort aus — fußläufig — den Botanischen Garten zu erreichen. Dieser befindet sich idyllisch zwischen Ufer und Skyline von Sydney und umfasst ein Areal von reichlich dreißig Hektar, durchzogen von befestigten Wegen. Diese gilt es aber ausdrücklich zu verlassen. Viele Bänke, Bäume und Anlagen sind — ähnlich wie in den Royal Botanic Gardens Kew in London — nur über Rasen und gegebenenfalls Mulch zu erreichen. Die Sammlung des Gartens umfasst einheimische und eingeflogene Pflanzen, unter anderem Bambusse, Farne, Tulpen (ja, die blühten wirklich! Zur Erinnerung: Hier ist gerade Frühling) und Gummibäume. Und ich rede hier definitiv von Bäumen — Ich selbst schaffe es ja nicht mal einen dieser Art in handlicher Größe zu Hause zu halten…

Mit aufziehendem schlechteren Wetter begaben wir uns in das Café des Gartens und genossen eine heiße Schokolade, Tee und Sandwiches, bevor wir uns gestärkt im Regen auf dem Weg zurück zum Bahnhof begaben um von dort aus die Suche nach einer Post zu starten. Dank des kostenlosen Internets im Costums House war das Postamt auch ziemlich schnell gefunden. Nach einigen Minuten Fußweg und einer kurzen Rolltreppenfahrt erreichten wir die Briefmarkenverkaufsstelle und gingen nach einem netten Gespräch mit Briefmarken und einem Tipp wieder Richtung Circular Quay zurück. Der Tipp war übrigens die five five five. Die grüne Buslinie, der Free CBD Shuttle Service, fährt kostenlos zwischen Central und Circular Quay. Vorbei an vielen Hochhäusern, Läden und faszinierenden Fassaden (sowie, der Vollständigkeit halber hier auch erwähnt) einem Apple Store mit stilechten Zelten für die bevorstehende Veröffentlichung der neuesten iPhone und iPad Iteration.

Der Busfahrer — an jeglicher Haltestelle sichtlich von den nicht bis ans Ende des Busses rückenden Touristen genervt — warf uns dann auch an der Endstation wirklich aus dem Bus (im Regen wären wir ja gern einfach nur mal im Kreis gefahren…) und wir traten vorzeitig den Heimweg mit dem Zug an. Die S-Bahn (oder Metro, oder wie auch immer man den Zug hier bezeichnen möchte), ist hier als Doppeldecker-Variante ausgeführt und hat »klappbare« Sitze. Mit klappbar meine ich nicht die Sitzfläche, sondern die Lehne — und die klappt auch nicht um, sondern ändert die Sitzrichtung. So kann man sich entscheiden, ob man in Fahrtrichtung sitzen oder lieber seinen Mitmenschen gegenüber sein möchte. Gar keine schlechte Idee. Auf den letzten Metern passierten wir noch einen Design-Lampen-Laden (oh, welch schöne, edle Lampen die darin haben…) und genossen einen Cappuccino, sowie einen Schoko-Brownie in gemütlicher Atmosphäre. 

(geschrieben in Sydney um 19:30 lokaler Zeit)

Sydney Opera House

24. September 2015, 12:10

Zusammenspiel von Beton, Glas und Holz.

Gestern haben wir abends noch die Karten für eine Opern-Führung bestellt. Hoch lebe das Internet! Halb zwölf sollten wir also an der Oper sein, unsere Karten abgeholt haben und der (deutschen!) Führung gespannt folgen.

Das Wetter heute war ganztägig durchwachsen, sodass wir nicht noch den knappen halben Kilometer laufen wollten, um zum Zug zu gelangen. Wir entschieden uns also den Weg in die Stadt heute mal mit dem Bus zurückzulegen. Die Busfahrt führte uns — nach anfänglichen Schwierigkeiten mit dem Fahrplan und der allgemeinen Pünktlichkeit — entlang einiger Wohnviertel, via Redfern Station und Central zum Central Business District, kurz CBD (oder was wir hier als Innenstadt und »Skyline« bezeichnen würden). Zeitlich gesehen natürlich wesentlich langsamer, allerdings mit mehr Ausblick und anderen Eindrücken erreichten wir den Circular Quay und liefen von dort aus zur Oper.

In der Oper angekommen, flanierten wir zum Box Office und holten unsere Tickets ab. Die übrige Zeit bis zur Führung haben wir auch noch irgendwie vertan und dann ging es auch schon los. Treffpunkt »just turn left, walk along the lift, walk through the corridor, then to the left and wait in front of the stage door at meeting point two«. Die eigentlichen Treffpunkte werden nämlich gerade saniert, deshalb erscheint das ganze hier etwas kompliziert. Wir haben aber alles gefunden und Gaby aus dem Sauerland — unser Guide — begann mit ihrer Führung. Vom Treffpunkt am »Vehicle Concourse« ging es ins westliche Foyer, welches erst nachträglich angelegt wurde, entlang zwei kleinerer Theatersäle zum »Drama Theatre«. In diesem mit reichlich 500 Plätzen größten der drei Studio-Theater erfuhren wir erste Details zum Opernhaus und nahmen auf den äußerst bequemen Sitzen platz. Fotografieren war hier nicht gestattet — Copyright für das Bühnenbild.

Mit zwei kurzen Filmen über den mit sieben Millionen Dollar veranschlagten Bau (der eigentlich nur zweite Wahl war) und Unzulänglichkeiten von Ingenieuren, Architekten und Regierungen ging die Führung dann weiter und wir befanden uns bereits im Vorraum des Konzertsaales, der mit einem (zugegebenermaßen sehr gewöhnungsbedürftigen) lila Bodenbelag ausgestattet ist. Der Konzertsaal selbst befindet sich in der westlichen Halle und ermöglicht es bis zu 2700 interessierten Besuchern einem Konzert zu lauschen. Der Saal beherbergt ebenfalls eine riesige Orgel, mit mehr als 10.000 Pfeifen die größte Australiens ist. Hier wurde uns übrigens auch das Geheimnis hinter der bequemen Bestuhlung verraten: Diese Stühle sind orthopädisch gestaltet, so dass man auch vierstündige Konzerte schmerzfrei super darin aushält und dank einer Gasdruckfeder klappen sie sehr leise hoch. Zu dem ist der obere Teil der Lehne aus Holz, während die Rückenlehne aus Stoff ist. Dies hat akustische Gründe und ist dem menschlichen Körper nachempfunden. Ob der Saal leer ist, wie bei einer Probe, oder voll ändert an der Akustik kaum etwas. Interessant!

Architektonisch gefiel mir der Theatersaal, das Joan Sutherland Theatre, wesentlich besser. Die Holzverkleidung war in diesem Saal schwarz gestrichen, die Ränge mit hellgrauem Beton ein super Kontrast dazu. Die in weiß und orange gehaltenen Stühle setzten weitere Akzente. Leider war auch hier auf Grund eines Bühnenbildes das Fotografieren nicht gestattet. Letzter Punkt auf der rund einstündigen Tour war der Jørn Utzon Raum, welcher vom Architekten des Hauses selbst entworfen wurde und der einzige Vorstellungsraum mit Fensterfront ist. Ein von ihm gestalteter Wandteppich ist das prägende Element des mit Parkett ausgelegten Raumes. 

Die Oper kostete zum Schluss übrigens mehr als einhundert Millionen Australische Dollar und die Bauzeit von drei Jahren wurde um knapp acht Jahre überschritten.

Nach der Tour begaben wir uns zum Mittagessen — traditionell Fish&Chips —, aber im Restaurant, nicht auf die Hand. Danach begaben wir uns noch auf die Suche nach einem gemütlichen Café und wurden auch schnell fündig: 

Im Costums-House, welches im Erdgeschoss gerade eine kostenlose Ausstellung zu Lichtinstallationen in der Architektur und ein Stadtmodell von Sydney zeigt, gibt es auch eine Bücherei, in der wir eigentlich nur kurz das Internet nutzen und unsere Postkarten schreiben wollten. Doch dann entdeckten wir, dass im Obergeschoss noch ein Café existiert. Wir stiegen also in den Lift. Level 1. Im vierten Stock befindet sich das Marketing und Office der Oper. Schon ab diesem Moment hätten wir uns Gedanken machen sollen. Ein Café in einer solchen Location? Mit Blick auf den Circular Quay, die Oper und die Habour Bridge? Oben angekommen standen wir sofort am Empfang des Restaurants, dessen Atmosphäre sich am besten mit VIP-Lounge beschreiben lässt, im Hintergrund lief ruhige Jazzmusik. Männer in Anzügen und Frauen in Kostümen saßen beim Lunch oder Champagner, wir wollten doch eigentlich nur einen Kaffee…! Ok, wir haben auch unsere Cappuccinos bekommen. Ungelogen! So einen guten Cappuccino habe ich bis dato nicht genossen. Die petit-four waren allerdings wie immer, na sagen wir mal »minimalistisch«.

Nach dem Kaffee ging es nun zu unserem Verdauungsspaziergang in die Häuserschluchten. Auf dem Hinweg hatte ich einige hübsche Wolkenkratzer entdeckt, die es so gut es ging zu fotografieren galt. Wir liefen also los und nach kurzem Berghoch erreichten wir schon das Museum of Sydney. An dessen Tür prangte das Schild für eine Ausstellung mit dem Titel »Superhouses« — die musste ich mir ansehen. Die Ausstellung zeigte Häuser, meistens aus Australien, aber auch weltweit, und warum diese — jedes für sich — ein Superhaus sind. Und was ein Superhaus denn eigentlich überhaupt ist. Ein Gebäude, welches sich weder durch besondere Größe noch besondere Kosten qualifiziert, sondern durch das Nutzen von Topografie und Vegetation des Grundstücks, clevere Nutzung von Grundstücken oder Funktionalität im Allgemeinen. Sehr lohnenswert!

Wir setzten danach unseren Spaziergang Richtung Hyde Park fort und fotografierten dort vor allen Dingen die für uns sonderbar anmutende Vegetation aus Palmen, Riesenfarnen und allerlei anderen Pflanzen, die wir uns außerhalb des Blumentopfes kaum vorstellen können. Zu guter Letzt traten wir den Heimweg per Bus an und schmieden jetzt Pläne für den morgigen letzten Tag in Sydney.

(geschrieben in Sydney um 20 Uhr lokaler Zeit)

Museum of Contemporary Art

25. September 2015, 10:15

Den letzten Tag in Sydney verbrachten wir natürlich wieder in der Innenstadt. Nach unserer Hinfahrt mit dem Bus haben wir sofort eine Fähre bestiegen und sind in Richtung Milsons Point aufgebrochen. Nach immerhin fünf Minuten Fahrt angekommen, haben wir die Habour Bridge das erste Mal in voller Größe bestaunen können. Majestätisch sieht sie aus, mit ihrem Metallbogen und den zwei kolossalen Granit-Pylonen. Neben zwei mal vier Fahrspuren und zwei Gleisen gibt es an beiden Seiten ebenfalls noch Fußwege. Das konnten wir uns nicht entgehen lassen und stiegen die Treppen hinauf, um die ikonische Brücke zu überqueren. Der Fußweg wird übrigens ganztägig videoüberwacht und zusätzlich stehen noch Polizisten auf der Brücke — bei jedem Wetter. So auch heute im Sturm und Starkregen. Wir haben die reichlich 1100 Meter auch unbeschadet (aber etwas nass) überstanden und fanden uns im Altstadt-District »The Rock« wieder. Hier finden sich enge Straßen und Kneipen auf steinigem Untergrund (woher auch das ganze Viertel seinen Namen hat). Am anderen Ende des Viertels ist es dann vorbei mit dem Altstadt- und Bar Flair. Einzig das »Museum of Contemporary Art« trennt das Viertel vom Circular Quay, an dem heute auch ein Kreuzfahrtschiff, die »Carneval Spirit«, vor Anker lag.

Wir trockneten unsere Sachen beim Mittagessen im Café des Museums, dessen Besuch noch vor mir lag. Nachdem wir also in modernem Ambiente gespeist haben und den Ozeanriesen bewundert haben, machte ich mich auf den Weg zur Kasse des Museums. Da gab es nur einen Haken — es gibt keine Kasse, denn das Museum ist gänzlich kostenlos und finanziert sich über Spenden. Drei Etagen zeitgenössische Kunst. Kostenlos. Davon sollte sich Dresden mal eine Scheibe abschneiden…

Morgen geht es dann mit dem Zug zuerst ans südliche Ende von Sydney, an dem wir unseren Camper für die kommende Woche in Beschlag nehmen, und dann nach Norden in Richtung Brisbane.

» Stay Left «

27. September 2015, 12:50

Marley, unser kleiner Hippie-Camper

Gestern haben wir nun also unseren Van abgeholt. Dazu mussten wir erstmal eine Stunde mit dem Zug fahren, um ganz in den Süden von Sydney zu gelangen. Nach dem Erledigen des Papierkrams und dem guten Hinweis »stay left«, sprich »bleib links« wurde ich ins kalte Wasser geworfen und musste sofort quer durch Sydney fahren. Auf der linken Straßenseite, mit dem Fahrersitz auf der rechten Seite — daran musste ich mich erstmal gewöhnen. Zwar mussten wir nur über einen Highway fahren, allerdings heißt das hier nichts besonderes. Die Straße ist zwar vierspurig, allerdings gibt es ziemlich viele normale Kreuzungen mit Ampeln. Also von wegen gemütliche Gewöhnungsphase.

Mit ein bisschen mehr Gefühl für den Van und das Linksfahren ging dann aber alles gut. Auf der Strecke haben wir auch Orte wie Toronto und Cardiff passiert (wer hätte gedacht, dass Weltreisen so einfach sind…).

Rund 200km später haben wir dann unseren ersten Campingplatz erreicht und von unserem Stellplatz konnten wir sogar den Pazifik rauschen hören.  Nach einer kurzen Pause haben wir uns noch einmal auf den Weg zum lokalen Supermarkt gemacht und uns mit Essen und Getränken für die kommenden Tage ausgerüstet. Wir haben ja auch direkt einen kleinen Kühlschrank mit in unserem Fahrzeug. Luxus pur (wenn auch auf kleinstem Raum — aber für ein paar Tage wird es gehen). Die erste Nacht verbrachten wir im Starkregen, der selbst den vom Wind gepeitschten Ozean übertönte und naturgemäß war an Ausschlafen nicht zu denken. Die Sonne scheint hier nämlich schon ab sechs Uhr. Wenn sie scheint. Noch schnell gefrühstückt und dann wieder die Gurte angelegt. Heutiges Ziel war Port Macquarie, etwa 250 km von Stockton entfernt, natürlich in nördlicher Richtung. Auf dem Pacific Highway kamen wir auch super voran, sodass wir mehrere Abstecher gemacht haben, um nicht schon Mittags auf dem neuen Campingplatz anzukommen. Dabei passierten wir einige schöne Landschaften, zwischen Steppe, Mangrove und Eukalyptuswald hatten wir alles dabei. Kurz vor unserem eigentlichen Zielort haben wir dann einen kleinen Wildlife-Park entdeckt, bei dem es neben Koalas und Kängurus auch einige andere typische Tiere zu entdecken gab. Nach unserem Rundgang (mit Känguru-Füttern!) haben wir uns selbst noch gestärkt und sind dann weitergefahren. Nun war aber immer noch viel Zeit übrig und wir entschieden uns dazu den Zielort anzupassen. Nächstes Ziel war Trial Bay Gaol, ein Kap mit wunderschönem Strand und Ausblick. Wir erreichten dieses etwa 16 Uhr und konnten die tief stehende Sonne und den strahlend blauen Himmel genießen, bevor wir zur letzten Etappe, zu unserem weitere 50 Kilometer entfernten neuen Campingplatz aufgebrochen sind.

(geschrieben in Nambucca Heads um 20:30 Uhr lokaler Zeit)

Byron Bay und Sunshine Coast

29. September 2015, 11:15

Byron Bay — der östlichste Punkt Australiens.

Gestern war endlich kurze-Hosen-Wetter! 

Nun sind wir schon genau eine Woche hier und gestern hatte ich das erste Mal kurze Hosen an. Bei sonnigen 24°C verbrachten wir den Großteil des Tages zwar im Auto, haben aber dennoch viel gesehen:

Dank des Tipps des Campingplatzangestellten machten wir einen Abstecher auf den »waterfall way«. Diese etwas ins Inland führende Route ist nicht nur landschaftlich schön, sondern hat auch idyllische Städtchen mit kolonialer Vergangenheit zu bieten. Entlang der Strecke haben wir eine Tankstelle mit Obstmarkt gefunden, an der man vorwärts reinfahren konnte, allerdings zum herausfahren wieder rückwärts den gleichen Weg zurücklegen musste. Das war eine interessante Kombination.

Wir hatten uns vorgenommen nach Dorrigo zu fahren. Diese Stadt befindet sich auf einem reichlich siebenhundert Meter über dem Meer liegenden Plateau. Die Straße dort hin führt vierzehn Kilometer in Serpentinen den Berg hinauf durch den ersten Regenwald, den ich hier erlebe. Auf dem Plateau angekommen, sind wir zum »Dangar Fall« gefahren. Wir wussten zwar, dass es hier welche gibt (uns sind auf der »winding road« auch einige begegnet), hätten hier oben aber keinen erwartet. Ein faszinierender Anblick. Neben dem Aussichtspunkt gab es wieder ein öffentliches Barbecue und genug Sitzbänke, um unser frisch gekauftes Obst zu verzehren. Danach traten wir die Weiterfahrt nach Ballina an, wo wir unser Nachtlager aufschlagen wollten.

Der heutige Tag begann wieder sehr früh (diese Papageien!) und wir sind von unserem ursprünglichen Plan — innerhalb von acht Tagen nach Brisbane — abgerückt, da es nach Brisbane nur noch eine anderthalbstündige Fahrt war. Als erstes Etappenziel für heute stand »Byron Bay« auf dem Programm. Der östlichste Punkt Australiens (und gleichzeitig der östlichste Punkt, an dem ich bis jetzt war). Auf dem Kap gibt es einen weißen Leuchtturm und die da hinauf führende Straße war ein Klax im Vergleich zur Gebirgsstraße des Vortages! Wir sind etwa Dreiviertel der Strecke mit dem Auto hinaufgefahren und haben den restlichen Weg zum Leuchtturm zu Fuß zurückgelegt. Dafür wurden wir mit einem atemberaubenden Blick hinunter zum Meer belohnt. An den steilen Felshängen brachen sich die Wellen des Pazifik, in dem bei näherer Betrachtung Delfine zu sehen waren, nur unmittelbar von einem weiten weißen Sandstrand entfernt. Als wir den Blick weiter schweifen ließen, haben wir kurz vor dem bereits sichtbar gekrümmten Horizont (die Erde ist keine Scheibe!) auch Wale entdeckt, die mit ihren großen Schwanzflossen und teils dem ganzen Körper die sonnenverwöhnte Wasserfläche durchbrachen.

Wir sind dann weiter Richtung Sunshine Coast unterwegs gewesen und haben noch einen Abstecher nach »Bribie Island« gemacht. Von Brisbane aus führte einst — vor 21 Jahren — die Reiseroute nordwärts, die Insel, welche bequem mit dem Auto zu erreichen ist, lag damals bereits am Weg. Endlich haben wir mal wieder Fish & Chips gegessen und einen Verdauungsspaziergang am Strand gemacht. Später haben wir uns mit neuen Briefmarken für die Reisepost versorgt. Dabei zog am Himmel ein tropisches Gewitter auf. Wir flüchteten mit dem Auto schnell von der Insel und fuhren natürlich genau durch den Sturm. Ein Gewitter, wie ich es in der Heimat noch nie erlebt habe. 

Wir haben den Sturm aber hinter uns gelassen und sind nun auf einem Campingplatz in »Noosa«. Glücklicher Weise haben wir einen der letzten zwei Stellplätze bekommen, bevor die Nacht hereinbrach. Der idyllische Campingplatz, gespickt mit zahllosen Palmen, welche von Papageien bevölkert werden, war unsere letzte Rettung vor dem nächsten heranziehenden Sturm, der gerade über uns fegt. Allerdings ist das Gewitter mittlerweile weitergezogen und bis morgen haben sich die Wolken auch ausgeregnet.

(Geschrieben in Noosa um 19:00 Uhr lokaler Zeit)

Rainbow Beach Allradtour

2. Oktober 2015, 06:30

Am Rainbow Beach

Der Campingplatz in Noosa war himmlisch! Jeder Stellplatz war mittels Palmen vom nächsten abgegrenzt und die Papageien sangen in den Wedeln der im Winde wiegenden Palmen. Dennoch mussten wir weiterfahren. Unsere Route führte uns vorgestern an den »Rainbow Beach«, der seinen Namen vom farbigen Strand erhalten hat (Dazu später mehr!).

Nach einer etwa zweistündigen Tour über den »Bruce Highway« und einem kleinen Abstecher über das »Mary Valley« bis nach Gympie und von dort aus weiter nach »Tin Can Bay« fanden wir ein kleines Café an dem ich die ersten (und bis jetzt besten) Pancakes meines Lebens gegessen habe, stilecht mit dem dazugehörigen Ahorn Sirup. »Awesome!«, wie der Australier sagen würde. Wir haben uns dort die Zeit etwas vertrieben und sind am Nachmittag bis nach Rainbow Beach gefahren. Offensichtlich waren wir auf dem Campingplatz, den wir schon vor zwanzig Jahren angesteuert hatten. Unser erster Weg führte uns bis an den Strand — endlich mal nicht den ganzen Tag Autofahren hat eben seine Vorteile! In der warmen Luft lag eine steife Brise vom Meer aus, die die Wellen an den Strand wehte. Baden am ganz und gar nicht überlaufenden Strand gehörte auch dazu. (Die reichlich 24°C schienen den Einheimischen einfach noch zu frisch zu sein.) Die Wassertemperatur war mit etwa 20°C auch schon angenehm. Nur die Wellen warfen mich des öfteren um. Zum Trocknen wieder an den Strand gelegt, verbrachten wir so den Nachmittag. Wir gingen dann noch eine Runde am Strand und dann zurück zum Van (und zur Dusche. Das Salz am Körper mag ich überhaupt nicht!). Am Himmel kündigte sich das für die Sommerzeit typische abendliche Gewitter bereits an, so dass wir den Van schlaffertig gemacht und den Abend in selbigem verbracht haben.

Am nächsten Morgen sind wir wieder Pancakes essen gegangen (ich bin auf den Geschmack gekommen!) und haben eine Halbtagstour entlang des Strandes mit einem Allradfahrzeug gebucht (unser kleiner Van wäre dafür eindeutig nicht geeignet gewesen…). Bis dahin verbrachten wir die Zeit mit einpacken und neuen Zeltplatz suchen und das Besuchen des »Carlo Sand Blow«. Das ist eine riesige Wanderdüne, die mit einer Höhe von 120 Metern über dem Strand liegt und sich langsam ins Innere des Landes fortbewegt. Steht man in der Mitte dieses Sandfeldes, fühlt man sich wie in der Wüste.

Am Nachmittag parkten wir in der Nähe des vereinbarten Treffpunkts und ein freundlicher Australier — Glen — sammelte uns und eine weitere Dame aus der Schweiz ein. Unsere Tour ging zu erst über die Hauptstraße (och, wie schade), führte uns dann aber sofort auf eine »Gravel Road« direkt in den »Great Sandy National Park«, der seinen Namen nicht umsonst erhalten hat. Glen erzählte uns allerhand über die Vegetation und die Geschichte des Nationalparks, über die Aborigines und vieles mehr, während wir mit dem Auto über sandige Pisten, die außer zwei Spurrinnen nur aus einer Autobreite Sand bestanden, fuhren. Die ganze Strecke ist übrigens zweiseitig befahrbar. An gewissen Stellen (zum Beispiel an den steilen Sandhängen oder auf dem Grat einer Sanddüne möchte man allerdings keinem Gegenverkehr (Camper, Müllautos, Jeeps) begegnen. Glen meistert die Strecke nun schon seit mehr als dreizehn Jahren. Wir fühlen uns sicher. Auf dem Weg zum Strand passieren wir ein »Day Use Area«, an dem neben Toiletten auch Duschen und Frischwasser bereitgestellt wird. Mitten im Nirgendwo! Während der Fahrt begegnen uns öfter Fahrzeuge im Gegenverkehr und ich konnte mir die Bemerkung, dass die Straße ja ziemlich rege genutzt wird, nicht verkneifen. Glen lachte laut. Er sagte, dass das hier gerade ziemlich leer sei, in der Hauptsaison passieren hier mehrere tausend Fahrzeuge in beide Richtungen die landschaftlich schöne Route zwischen Noosa Heads und Rainbow Beach, um den sonst zweihundert Kilometer Umweg auf nur 60km einzukürzen. Täglich. Ich schluckte. Immerhin befanden wir uns in mitten eines Nationalparks mit allerhand Getier und Vegetation. Stau mitten im Paradies? Das ging nicht in meinen Kopf.  Am Strand angekommen. Wir blinkten rechts und bogen auf den Beach-Highway ein. Ein Schild mit einer großen 80 verkündet: Hier gelten Regeln. Ich musste schon über das Blinken schmunzeln, es wurde aber noch besser: Der Strand ist eine real existierende Straße, besser als so manche Asphalt Straße die wir zuvor befahren hatten. Es gilt Linksverkehr, man muss blinken, wenn man abbiegen will. Es gibt häufige Geschwindigkeitskontrollen und Alkoholtests. 

Ab einem bestimmten Abschnitt des Strandes, gibt es die Möglichkeit direkt an den Dünen seinen Wohnwagen aufzubauen und sein Nachtquartier am wohl schönsten Campingplatz der Welt aufzuschlagen. Wohlgemerkt für 5,50$ pro Nacht, plus dem Permit, also der Erlaubnis zum Befahren des Strandes für reichlich zehn Dollar am Tag. Würden wir in diese Richtung weiterfahren, wären wir in vierzig Kilometern in Noosa. Wir drehen um, immerhin haben wir ja noch einiges vor heute.

Dank der Ebbe ist der »Highway« nun reichlich einhundert Meter breit, aalglatt (Glen schmunzelt, wenn er sagt, dass die Straße zweimal am Tag repariert wird), der Verkehr läuft flüssig. Hin und wieder sehen wir einen Wohnwagen am Rande parken, Campingstühle auf der Düne oder Kinder am Meer spielen, eins rennt uns fast vor den Wagen (aber wir haben ja »Bull Bars«, für irgendwas müssen die ja da sein, witzelt unser Chauffeur). Wir fahren nun in Richtung »Double Island Point«, einem Kap mit Leuchtturm, der, wie Glen uns erzählt, in Großbritannien Anfang des 19. Jahrhunderts vorgefertigt wurde und dann nur noch hier her verschifft und aufgebaut wurde. Dieser Punkt ist auch eine Sackgasse am Strand — die Basaltfelsen ragen soweit ins Meer, dass das Umfahren auch bei Ebbe nicht möglich ist. Der Strand kurz vor dem Anstieg zum Leuchtturm ähnelt einer Autoshow. Allerlei Allradfahrzeuge konnten wir bestaunen. Die einzige Besonderheit: Der Parkplatz wird bewacht. Aber nicht etwa die Autos, sondern die Surfer und Schwimmer. Von den Lifeguards. Diese patrouillieren entlang der gesamten Route zwischen den Orten. Mit Jeep, Surfbrett und Jetski. Glen parkt das Auto direkt vor einem mit Schlössern versehenen Gate, hinter dem sich eine steile mit Holzbohlen ausgelegte Fahrspur den Berg hinauf schlängelt. Wir sind die einzigen, die hier mit dem Auto die rund hundert Höhenmeter zurücklegen dürfen und fühlen uns privilegiert. In der Sonne wöllten wir hier weiß Gott nicht hoch und runter laufen. Mit dem Jeep ist das ganze angenehmer. Wenn auch ziemlich holprig. Auf jeden Fall werden wir von den Wanderern schräg angeguckt. »Can you give us a ride?!« Ist der häufigste Satz, den ich höre. Könnt ihr uns mitnehmen. Nope, wir sind schon voll. Oben angekommen genießen wir den Ausblick und beobachten Wale. Ich kann meine Augen gar nicht vom schier unendlichen Strand zu beiden Seiten des Leuchtturms lösen, am Turm prangt das Schild »Maritime Navigation Aid. Trespassers could endanger lifes!«. Maritime Navigationshilfe. Unbefugtes Betreten könnte Leben gefährden. Etwas unterhalb vom Leuchtturm liegen zwei Cottages. Die Hütten des Leuchtturmwärters und seines Kollegen. Sie werden mittlerweile vermietet, die Warteliste ist zwei Jahre lang. Glen erzählt, dass vor einiger Zeit einige Vandalen und Idioten (diese nennt er immer »Peanuts«) den Fahnenmast ins Meer geworfen hätten. Besucher der Hütten sind verpflichtet Arbeitsstunden zu leisten. Für diesen Ausblick würde ich mich auch zwei Stunden in einen Infopunkt setzen und Menschen informieren. »Präsenz zeigen«, um Vandalismus zu unterbinden. Es scheint zu funktionieren. Ich gehe zurück zum Auto und Glen hat uns ein Picknick vorbereitet: Es gibt Tee und Kaffee sowie Kekse und Cakes. Lecker. Wir quatschen etwas. Dann treten wir den Weg zurück zum Strand an. Wir sehen Schildkröten im Wasser und Kampfjets im Konturflug entlang der Küste fliegen. In der Nähe gibt es ein Militärisches Gebiet, indem die Australischen Streitkräfte Afghanistan simulieren können. Von der sandigen Umgebung her und mit improvisierten Wüstendörfern werden die Soldaten auf die Realität vorbereitet.

Wir fahren wieder einige hundert Meter zurück und kreuzen den weichen Sand zu einer Verbindung zum Strand an der anderen Seite des Felsens, den wir vorhin nicht passieren konnten. Idyllisch gelegen kommen wir in einer Lagune an, Kinder spielen im Wasser und an den Dünen mit ihren Sandbords. Männer angeln und Frauen fotografieren. Wir erfahren von Glen, dass jährlich etwa achtzig Autos dem Meer überlassen werden müssen. Manche Fahrer überschätzen sich und die Tiefe des »flachen« Wassers, andere bleiben im Sand stecken oder stehen auf einer Sandbank, die sie vor Eintreffen der Flut nicht mehr verlassen konnten. Es gibt ein Fotoalbum mit Kuriositäten.

Wir verlassen die Lagune nach einem kurzen Spaziergang wieder, diesmal auf einem anderen Weg als zu vor. »I haven’t used this track a couple of years, but it looks ok this time«. Spuren vor uns zeigen, dass die Strecke wieder passierbar ist. Fast geschafft, doch dann kommt ein Salzwasserloch. Und wieder zurück. Salzwasser mag Glen gar nicht an seinem Fahrzeug. Es beschleunigt die Korrosion und das Auto braucht er nun mal für seinen Job. Mehr als zehn Jahre darf er das Auto sowieso nicht fahren. Wegen der Betriebssicherheit für die Mitfahrer. Wir fahren nun weiter am Strand lang, wir nähern uns den Sanddünen, die dem Strand seinen Namen geben. Durch Meeresströmungen sammelten sich hier vor hunderttausenden Jahren Sand an und formten »Fraser Island«. Diese Sandinsel wiederum lenkte die Strömung in die Bucht hinein, an der sich fortan Sedimente der gesamten Ostküste, welche vom Inland durch Flüsse bis dorthin getragen wurden, ansammelten und die farbenfrohen Hänge schufen. Von weißem, über gelben und intensiv roten Sand, bis zu schwarzen »coffee rocks« (ein Gemenge aus verfaulter Vegetation und Sand) gibt es hier ein großes Farbspektrum. Deshalb: »Rainbow Beach« — Regenbogenstrand. 

Die Fahrt neigte sich nach reichlich drei Stunden durch die verschiedensten Teile des Nationalparks dem Ende entgegen. Wir haben den subtropischen Regenwald mit Hartholz, welches bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts weltweit exportiert wurde, weil es witterungsbeständig ist und durch seine hohen Ölanteile perfekt für den Außenbereich und maritime Bauten geeignet ist gesehen. (Die Bohlen, die für den Bau des Suezkanals genutzt wurden, kamen alle von hier!). Bäume, die von den Ureinwohner für ihre berühmte Holzkunst genutzt worden, entdeckt. Campingstühle zwischen dem spitzen Gras, welches die Dünen vor Erosion schützt, passiert. Himmlisch flache Lagunen mit klarem Wasser überquert und die bunte Steilküste mit ihrem farbigen Sand und klaren Frischwasserquellen  bestaunt. 

Ein wunderbarer Tag und der wahrscheinlich ereignisreichste, nach dem ersten Abend in Sydney, geht zu Ende. 

(geschrieben in Coolum Beach um 14 Uhr lokaler Zeit)

Melbourne

5. Oktober 2015, 00:30

Blick vom Eureka-Tower in die Innenstadt

Vorgestern Morgen sind wir vom mittleren Norden wieder Richtung Brisbane gefahren, weil wir zum Flughafen mussten. Uns stand ein Flug nach Melbourne, also an das Südende Australiens, bevor. Wir besuchen unsere australischen Freunde hier. Wir erreichten Brisbane nach nicht einmal zwei Stunden Fahrt und gaben das Auto zurück. Von dort aus fuhren wir keine zwanzig Minuten mit dem Taxi zum Flughafen. Allerdings hatten wir noch genug Zeit bis zum Flug, welcher erst kurz vor 15 Uhr startete. Wir verbrachten die Zeit mit Kaffeetrinken und entspannen. Der Flug selbst war im Vergleich zu den anderen Flügen, die wir bis hier her hatten, mit etwas mehr als zwei Stunden ziemlich kurz. Wir starteten fast pünktlich und flogen über die australische Küstengegend. Von oben zeigten sich einige Buschbrände, bei denen wir uns unsicher sind, ob sie gewollt waren oder durch ein Gewitter hervorgerufen worden sind. Gestern waren auch die Grand Finals der hiesigen Rugby Liga. Während des Fluges wurden immer die Spielstände der Quarters durchgegeben. So etwas hab ich noch nicht erlebt. 

In Melbourne angekommen suchten wir die Gepäckausgabe und unser Freund Greg erkannte uns sofort. Wir fühlten uns sofort zu Hause. Es ist schön (wieder) hier zu sein. Auch wenn ich mich an das letzte Mal nicht wirklich erinnern kann. Wir haben den Abend dann bei Freundesfreunden verbracht und das Ergebnis der Finals gefeiert. Wir wurden herzlich in die Runde aufgenommen und haben den Abend mit Essen, Trinken und Quatschen verbracht. Ein lustiges Sprach-Kauderwelsch und Gespräche über die Unterschiede zwischen Deutschland (Europa) und Australien sorgten für eine Lacher und auch so manch Anekdote, die das Leben schreibt wurde hervorgekramt. Spätabends sind wir dann noch heimgefahren, um am nächsten Morgen zumindest etwas ausgeschlafen in den Tag zu starten.

Gestern bin ich relativ spät aufgestanden, dass war aber vor allem der Zeitumstellung geschuldet, die uns zur Heimat in der alten Welt eine weitere Stunde auseinander zieht. Dementsprechend hatten die anderen alle schon gefrühstückt. (Ich wiederum war froh, dass ich mal wieder in einem schönen breiten Bett schlafen konnte). Frühstück ist hier allgemein sehr entspannt. Jeder isst einfach, wenn er Hunger hat. Gemütlich! Nach einem kurzen Brainstorming, was wir nun mit dem Tag anstellen, entschieden wir uns für einen Besuch des hiesigen CBD, der Innenstadt von Melbourne. Wir fuhren also mit dem Auto bis mitten ins Zentrum, parkten in einer Parkgarage und starteten unseren Rundgang quer durch die Stadt. Zu allererst begegnete uns eines der ältesten Gebäude Melbournes, die »St. Paul’s Cathedral« und der wohl berühmteste Bahnhof, die »Flinders Street Station«, mit Ziegelfassade und großer Kuppel. Wir setzten unseren Spaziergang in Richtung eines Museums fort (Eintritt frei!), welches zur »National Gallery of Victoria« gehört. Das »Ian Potter Centre« auf dem »Federation Square« ist ein sehr interessantes modernes Gebäude mit verschiedenen Flügeln und einer Fassade aus unterschiedlich großen Polygonen aus Metall und Stein (der typische helle Sandstein, der hier verbaut wird). Wir haben den größten Teil der Ausstellungen links liegen lassen und uns nur die Kunst der Ureinwohner angesehen. Diese ist nicht zwangsläufig tausende Jahre alt, sondern reicht bis in die Gegenwart und in die Rugby-League. Neben an gab es noch eine kleinere Ausstellung über zeitgenössisches Möbel-Design — das durfte natürlich nicht fehlen. Wir setzten unseren Spaziergang entlang einiger engen Gassen fort und aßen einen kleinen Snack zur Stärkung, bevor wir uns die Graffiti Kunst und andere kleine Gässchen angesehen haben. Ein weiterer Programmpunkt auf unserer To-Do Liste war der Besuch des »Eureka Tower«, dem höchsten Gebäude Melbournes. Von dort aus hatten wir vier einen super Ausblick auf die Stadt und die Wolkenkratzer um uns herum, die von hier oben alle ziemlich klein aussahen.

Später traten wir den Rückweg an und fuhren mit dem Auto in Richtung »St. Kilda« und »Brighton Beach«, wo die kleinen »Beach Houses«, Mini-Hüttchen für Surfbretter und andere Strandutensilien für knapp unter 100.000 Dollar.

Der Tag endete dann typischer Weise mit richtig guten Fish&Chips und australischem Wein am Lagerfeuer im Garten, mit Gitarre und Gesang. Wunderschön.

(Geschrieben in Melbourne um halb zehn lokaler Zeit)