Nachdem wir unseren Zeitplan durch das Auslassen eines Campingplatzes etwas gestrafft haben, sind wir heute bereits einen Tag eher als geplant in Richtung Santa Cruz aufgebrochen. Dort werden wir die beiden letzten Nächte unserer Wohnmobil-Rundreise verbringen.
Um nach Santa Cruz zu gelangen liegen etwa fünf Autostunden vor uns. Da wir später als gedacht den Camping Platz verlassen, wollen wir keine Zwischenstopps in State Parks entlang der Strecke einlegen, aber wir entscheiden uns in Santa Rosa Mittagspause zu machen.
Gleich am Beginn unserer Rückfahrt durchqueren wir erneut die engen Passagen, von denen Lisa bereits in den letzten Tagen berichtet hat.
Lisa hat sich im Internet belesen und wir haben ein kleines Restaurant gefunden, dass sich gut anhört: Das Americana bietet Burger, Sandwiches und Pancakes an und damit ist für jeden von uns dreien was dabei. Wir genießen unser Mittagessen mit hausgemachtem Eistee und hausgemachter Limonade, Ella bekommt con allem etwas ab, ihren Pancake verspeise ich als Nachtisch. Wir haben sie wohl auf den Geschmack von French Fries gebracht?
Noch während des Mittagessens legen wir fest, dass wir den direkten Weg nach Santa Cruz einschlagen, das heißt wir fahren nicht um die Bucht herum sondern wir fahren über die Golden Gate Bridge!
Mühsam kämpft sich die Sonne durch den dicken Nebel in den Tag. Und genauso mühsam kämpfen wir uns aus dem Bett. Die Nacht war hart – Ella hatte heute Nacht wohl starke Schmerzen, die wir nicht lindern konnten und so war die Nacht für uns Alle viel zu zeitig zu Ende.
Frühstück und Vorfreude konnte unsere Laune zwar beschwingen, doch der dicke Nebel auf der anderen Seite der Glasscheibe tauchte die Landschaft in mystische Hüllen.
WEGE GESÄUMT VON NATURRIESEN
Gebannt von diesem Anblick begaben wir uns auf die 2,5 stündige Fahrt zum Redwood Nationalpark. Da wir hier sogar Radioempfang hatten wurden wir begleitet von Musik. Der Anblick der riesigen Bäume faszinierte uns schon am Highway – und wir waren noch nicht einmal in der Nähe vom Nationalpark. Unser Weg führe uns auch entlang eines breiten, mit Kies bedeckten Flussbettes in dessen Mitte ein türkisfarbener Fluss schlängelte. Hinter der Kurven tauchten mitunter Brücken vor uns auf, die einen herrlichen Blick auf dieses freigaben.
Bereits mitten im Park: Die Route führt uns durch einen wundervollen Redwood-Wald.
DURCH EUREKA UND ENTLANG AN LAGUNEN
Nach gut zwei Drittel der Strecke tauschten wir den Fluss gegen die Küste und ihre Lagunen aus. Während westlich von uns das Meer schimmerte und uns mit seinen Wellen verzauberte entfaltete sich östlich der Straße eine breite, mit Wasserpflanzen durchzogene Lagune. Der Anblick war wunderschön und wurde nur durch das stark reflektierende Sonnenlicht beeinträchtigt.
Eureka ist eine verschlafene kleine Stadt die wir aufgrund der Straßenführung einmal komplett erkunden konnten. Hier und da reihen sich Fastfoodketten aneinander, dann wieder Wohnhäuser im typisch kalifornischen Stil (Matthi würde an dieser Stelle sicher sein Veto bei dieser Beschreibung einlegen, aber ich fand das hier sehr typisch) und wurden abgewechselt von Autohändlern.
ACHTUNG ELCHE!
Als Matthi mir erzählte, dass es hier Elche geben soll, dachte ich im ersten Moment er würde mich veralbern. C’mon! Elche? In Kalifornien? Never!
Aber was weiß ich schon. Wir sind in den vergangenen Tagen von Frühling zu Sommer, dann zu Winter und jetzt schließlich zu Herbst gewechselt und haben neben Berglöwen und Grizzlies auch Landschildkröten erfolgreich ausgelassen. Wieso überraschen mich jetzt also Elche noch…
Wir hatten kaum diese Unterhaltung beendet, als ein Hinweisschild auf eine Elchwiese hinwies. Und tatsächlich – dort stand eine Herde relativ großer, Rehartiger Tiere mit Geweihen. Nach späterer Recherche wissen wir, dass waren tatsächlich Elche und die sehen hier ganz anders aus als in Schweden und Norwegen. Eher wie die Rentiere vom Weihnachtsmann.
ELK PRAERIE UND ANDERE WELTEN
Angekommen im Nationalpark sammelten wir zuerst unseren Stempel in den Reisepässen ein. Mittlerweile ein schönes Ritual bei Nationalparkbesuchen. Da es hier einen kleinen, für Rollstuhlfahrer geeigneten, Rundweg gab entschieden wir uns Ella etwas ihre Geländetauglichkeit ausbauen zu lassen. Also stiefelten wir drei durch eine Baumpforte wie in ein anderes Reich. Was wir hier gesehen haben lässt sich auf den Fotos nur sehr schwer einfangen. Denn es gab da diese riesigen Bäume und leuchtend grüne Farne aber die wiederholten sich in etlichen Ebenen wieder und wieder. Fasziniert von diesem Anblick wanderten wir also über den Weg durchs Unterholz und kamen uns ziemlich klein vor. Während Matthi versuchte die schönsten Motive die sich hier boten mit der Kamera einzufangen versuchte ich selbiges mit dem Kind, welches ganz erpicht darauf war giftige Farne zu streicheln.
Am Ende unseres Rundwegs gab es für Ella eine Stärkung im Camper und wir führten unseren Besuch im Auto weiter fort.
Ella und Lisa genießen den Spaziergang durch den Urwald.
In Amerika ist alles darauf ausgelegt es mit dem Auto zu erreichen. Uns kam es reichlich dumm vor einen Nationalpark mit dem Auto zu durchstreifen und Abgase in die Luft zu pusten. Wir mussten uns aber eingestehen, dass wir mittlerweile ziemlich erschöpft davon sind das 11 Kilo Kind in der Manduca zu schleppen und die Entfernungen hier einfach immens sind.
FRISCHE BRISE
Nach dem Nationalpark legten wir noch zwei Zwischenstopps an Stränden ein, die wir auf dem Hinweg gesehen hatten.
Der erste hatte gerade Ebbe und so konnten wir durch die großen Felsen spazieren. Am hinteren Ende des kleinen Strandes entdeckten wir jedoch, dass das Wasser ziemlich schnell zurück floss und so nahmen wir die Beine in die Hand und gingen zurück zum Auto. Hier haben wir das ersten Mal den Generator genutzt, um die Mikrowelle mit Strom zu versorgen, damit wir Ella etwas zu essen machen konnten.
Nach unseren Strandausflügen setzten wir die Fahrt zurück zum KOA fort. Beim ins Bett bringen von Ella sind wir dann alle drei gleichermaßen eingeschlafen.
Die Sonne scheint und wir fühlen uns fitter als gestern. Begrüßt wird der Tag indem wir mit Ella Ziegen auf dem Campingplatz streicheln. Ziemlich putzige Vierbeiner. Ella hat, wie bei allen Tieren außer Hunden, ihr Pokerface aufgesetzt. Macht nichts, Mama ist begeistert. Lange dauert unser Morgen nicht, denn wir haben einiges an Weg vor uns. 265 Meilen. 4,5 Stunden reine Fahrtzeit.
ERSTER HALT: HAUPTSTADT
Im Reiseführer haben wir vorher geschaut, ob Sacramento einen Zwischenstop wert ist:
»An seinen 485.000 Einwohnern […] gemessen rangiert Sacremento weit hinter den großen Metropolen, ist aber Hauptstadt von Kalifornien und Sitz von Regierung und Parlament. Mit von Bäumen gesäumten Straßenzügen und zum Teil viktorianischen Häusern wirkt der ohne gigantische Wolkenkratzer auskommende Kern verglichen etwa mit Los Angeles oder San Francisco nicht sehr großstädtisch.«
Wir fanden es war einen kleinen Zwischenstopp wert, gerade weil es auf dem Weg lag.
Dort angekommen konnten wir recht schnell einen geeigneten Parkplatz für unseren großen Camper ausfindig machen und begannen unseren Rundgang in »Chinatown«. Chinatown bestand aus 3 Häusern, die im Stil von Chinesischen Pagoden erbaut wurden. Sehr plakativ aber definitiv einen Grund zu schmunzeln. Wir überquerten die Straße und wurden dabei beinahe von einer unaufmerksamen Autofahrerin angefahren. Den Schreck abklopfend begaben wir uns unter einer Brücke hindurch, welche sich, bestehend aus mehreren einzelnen Spuren, über unseren Köpfen in verschiedene Richtungen wund.
Die Altstadt selbst hätte nicht besser aus einem Buch über einen Helden des Wilden Westen entspringen können. Es gab holzbeplankte Gehwege mit Geländern und Falsche Fassaden. Wir haben sogar eine Straße gefunden bei der es zudem in der Mitte auch an asphaltierter Straße mangelte und witzelten über bevorstehende Duelle.
Jeder Saloon hat seine schwingenden Türen gegen moderne Einrichtung getauscht. Für alle Interessenten: Es gibt freistehende Lokale!
Unsere Weg führte uns weiter Richtung Sacramento River. Hier gab es alte Eisenbahnen und Bahnhöfe zu bestaunen, welche nun als Andenken zu Schau gestellt werden. Unweit entfernt schimmerte uns eine kleine Version der Golden Gate Bridge entgegen – ganz in Gold. Ich vermute an dieser Stelle einfach mal, dass es eine Anspielung auf die vergangenen Goldschürferzeiten ist. Von der Brücke aus läuft man dann direkt auf das Capitol zu. Wir sind den Weg nicht komplett bis vor gelaufen, sondern entschieden uns, den Rückweg zum Auto anzutreten. Insgesamt ist die Stadt recht verschlafen, hat aber durchaus Charme!
AUF NACH BENBOW
Unseren ursprünglich gebuchten Campingplatz haben wir heute ausnahmsweise nicht angesteuert. Denn wir entschieden einen weiteren Weg auf uns zu nehmen, damit wir morgen nicht so weit in den Nationalpark fahren müssen. Von Sacramento aus zirka dreieinhalb Stunden entfernt.
Unser Weg führte uns durch romantischere Weinbaugebiete mit kleineren und größeren Weingütern. Leider konnten wir keine Weinverkostung machen, da wir noch fahren mussten. Je weiter wir fuhren, desto üppiger wurde die Natur und die Landschaft wurde zu grasgrünen Hügellandschaften aus denen hier und dort die Felsen herauslugten.
Gegen Ende der Fahrt tauchten wir dann gänzlich in die Welt der Nadelhölzer ein und fanden uns inmitten einer wunderschönen Nadelwald-Landschaft wieder. Wir fuhren immer entlang eines Flusses, auch wenn dieser zum Teil einige Meter unter uns lag. Der spannendste Abschnitt war jedoch direkt am Richardson Grove State Park, als die Straße gerade so breit war, dass wir zwischen Redwood-Riesen hindurch fahren konnten. Hier wurde es trotz Sonnenschein plötzlich nachtdunkel.
Auf einmal Wald: Je weiter wir in den Norden Kaliforniens fahren, desto höher werden die Bäume.
Den restlichen Weg legten wir bei beschwingter Jazz-Musik zurück, die ich im Radio gefunden hatte und bestaunten, welche wundervolle Wirkung die Natur hier auf uns machte. Wir fühlten uns irgendwie ein bisschen wie zu Hause (obwohl hier natürlich ganz andere Bäume wachsen als zu Hause).
Nicht weit dahinter konnten wir dann vom Highway direkt auf unseren Campingplatz fahren, welcher nun wieder ein KOA ist. Nach einem kurzen Plausch mit der Mitarbeiterin, welche uns freundlicher Weise mit Werkzeug aushalf, damit wir den verkanteten Wasserdruckminderer endlich wieder vom RV lösen können, beendeten wir den Tag im Camper glücklich und zufrieden.
Als wir am Morgen aufwachen sind die Gräser hinter unserem Auto mit Raureif bedeckt, die Sonne lässt sie wunderbar glänzen. Nach dem wir auch für den heutigen Tag die Vorräte vorbereitet hatten fuhren wir los. Bis zu unserem Ziel, dem Yosemite Village, liegen unendlich viele Serpentinen, ein Tunnel und etliche Höhenmeter.
Gestern Abend hatten wir bereits bei der Info-Hotline angerufen: Alle (geöffneten Straßen) sind ohne Schneeketten passierbar. Aus diesem Grund entscheiden wir uns dazu über die Wawona Road direkt aus dem Süden in den Park zu fahren. Die Alternative wäre eine nicht über die Berge verlaufender Highway Richtung Mariposa und El Portal gewesen. Hintergrund der ausgewählten kurvigen Route ist auch, dass wir bei unserer Fahrt den Tunnel View direkt ansehen können, dazu aber später mehr.
Lisa und Ella fühlen sich bereits vor dem Start nicht so wohl, sodass sich Lisa auf die Rückbank zu Ella setzt und ich heute fahre. Die Straße ist gut ausgebaut aber sehr kurvenreich, sodass Lisa schnell vom Rücksitz auf den Beifahrersitz flieht, um halbwegs über die Runden zu kommen.
WELCOME TO YOSEMITE NATIONALPARK
Wir erreichen den Yosemite Nationalpark über den South Entrance, zeigen unseren Jahrespass vor und dürfen passieren. Wir haben noch reichlich eine Dreiviertel Stunde Fahrt übrig. Während wir uns durch den dichten Nadelwald schlängeln kommen immer mehr Lichtungen zum Vorschein. Große kahle Flächen, die den letzten Waldbränden zum Opfer gefallen sind. Ein großes Warnschild weist darauf hin, dass noch nicht alle Gefahren beseitigt sind und vorsichtig zu fahren ist.
Allein bei dem für diesen Anblick verantwortlichen Feuer im Jahr 2019 entstand ein Schaden auf über 45 Quadratkilometern.
Hier gibt’s eine Karte mit allen Naturkatastrophen der letzten Jahre.
Für mich ist es ein ergreifendes Gefühl durch den Yosemite zu fahren. Einer meiner größten Träume wird damit wahr.
Nach eine paar Frischluft-Pausen erreichen wir den etwa eine Meile langen Tunnel, hinter dem sich der Blick ins Yosemite Valley erstmals richtig öffnet. Gleich hinter dem Tunnel befindet sich ein Parkplatz, bei dem ich sofort aus dem Auto springe um Fotos zu machen. Wir sind da. Wir sind im Yosemite angekommen.
MIRROR LAKE TRAIL
Wir fahren noch die übrigen drei Meilen bis ins Tal hinein, aber nicht ohne noch mindestens zweimal für weitere Fotos am Straßenrand zu halten. Wir parken unser RV an der Straße und schauen in die Karte, die wir an der Parkzufahrt erhalten hatten. Frische Luft tut Lisa sicher gut; wir planen also eine kleine Wanderung bis zum Mirror Lake. Wir hüllen uns in Wintersachen und packen die letzten Kleinigkeiten in den Tagesrucksack. Auf unserer Wanderung passieren wir das Yosemite Village und sammeln unseren Nationalpark-Stempel ein. Das berühmte Ahwahnee Hotel lassen wir rechts liegen, etwa 1,8 Meilen liegen hier noch vor uns bis zum Ziel.
Der Half Dome ist 2.693m hoch und wurde 1875 von George G. Anderson das erste Mal bestiegen.
Über einen gut befestigten Weg, der teilweise mit Schnee und Eis bedeckt war, kommen wir dem Half Dome näher, unter dem der Mirror Lake liegt. Die Felswände um uns herum reichen mehrere hundert Meter in die Höhe. Wir setzen jeden Schritt vorsichtig und sind zu einem andächtigen Flüstern übergegangen.
Nach reichlich einer Stunde am See angekommen genießen wir kurz den Ausblick und machen uns direkt auf dem Rückweg. Ella hat dabei die ganze Zeit in der Trage geschlafen und wurde erst auf dem Weg zum Auto wieder wach. Am Ahwahnee Hotel haben wir uns dann in den Shuttle-Bus gesetzt und sind die zwei Stationen bis zu unserem Auto gefahren. Das war eine gute Abwechslung für die müden Beine und schweren Schultern vom Tragen.
ROADTRIP HEISST VIEL ZEIT IM AUTO VERBRINGEN
Bei einem kleinen Snack und einem kurzen Powernap stärken wir uns für die nun anstehende dreieinhalb stündige Fahrt nach Placerville, wo wir wieder auf einem KOA-Campingplatz übernachten werden.
Den größten Teil der Fahrt verschlafen Ella und Lisa. So gelingt es mir den Wohnwagen unbemerkt die Haarnadelkurven an der neuen Priest Grade am Highway 120 herunter zu manövrieren und mehrere kurze Fotohalte, unter anderem am Don Pedro Lake, einem Stausee mit einer Fläche von 5.240 Hektar und einem Volumen von über 12 Millionen Kubikmeter Wasser.
Kurz nach dem Sonnenuntergang — mit einer aufreibenden letzten halben Stunde auf Grund von starken Zahnschmerzen bei Ella — erreichen wir 18 Uhr den Campingplatz.
Ich hoffe die beiden kurieren sich heute Nacht gut aus und wir können morgen mit neuer Kraft weiterfahren. 🙂
Unser heutiger Ausflug führt uns in den Kings Canyon Nationalpark, um Sequioa-Bäume zu sehen. Den Sequioa Nationalpark können wir auf Grund der Witterungsverhältnisse dort nicht besuchen.
PLEASE PRESS 1 FOR MORE INFORMATION
Nach dem Aufstehen und Frühstücken bereiten wir Sandwiches, Gurken und Tomaten für unsere Wander-Verpflegung vor und kochen Tee, da auf der Nationalpark-Webseite vor Schnee und Eis gewarnt wird. Auch Schneeketten sollen unbedingt im Auto vorhanden sein, heißt es auf der Webseite weiter.
Um situationsaktuelle Wetter- und Straßeninformationen zu erhalten gibt es eine Telefonnummer, bei der eine Ansage durchläuft. »Thank you for calling the Sequioa Kings Canyon Information Hotline, Press 1 for current conditions.« Über die von uns geplante Zufahrt gibt es keine Einschränkungen zu berichten und so setzen wir uns in Bewegung. Wir fahren vom Nachtlager auf den Highway, folgen diesem für nicht mehr als vier Meilen bis Lisa uns aus dem Central Valley eine gut ausgebaute Straße ins Gebirge fährt. Die Landschaft ändert sich hier sehr plötzlich: Eben noch sind wir an großen Orangenplantagen vorbeigefahren, eine weite Ebene wohin das Auge blickt und nun: Mittelgebirgsberge, mit scharfen Steinen durchzogene saftige Bergwiesen, kahle in den Winterschlaf verfallene Laubbäume. Die Straße windet sich innerhalb von 40 Meilen über 1.500 Höhenmeter an den Hängen hinauf zum Portal des Kings Canyon Nationalpark.
Wir verlassen die Ebene mit ihren Plantagen und fahren ins Gebirge.
JAHRESKARTE ZUM PREIS VON ZWEIEINHALB PARKS
Wir entscheiden uns am Checkpoint einen Annual Pass für 80 Dollar zu kaufen, mit dem wir ein Jahr lang alle Nationalparks ohne zusätzliche Gebühren bereisen können. Das lohnt sich schon ab dem dritten Park: Für die Einfahrt in die großen Parks mit dem Auto werden 35 Dollar fällig — und da wir noch weitere Besuche innerhalb der nächsten Woche geplant haben rentiert sich die Anschaffung bestimmt.
VON 15 GRAD ZU 2 GRAD IN 40 MINUTEN
Mit jedem erklommenen Höhenmeter ändert sich die Vegetation. Wir stellen fest, dass es sich hier ganz anders verhält als bei uns in Europa: Die große Ebene, das Tal ist fast baumlos, hier und dort mal eine Gruppe Eucalyptusbäume, Palmen, und viele Plantagen mit unterschiedlichen Gehölzen. Je höher wir kommen, desto vielseitiger wird die Landschaft. Wir erkennen auf der Fahrt Laubbäume und alte Obstbäume in den unteren Gebirgsregionen. Je höher wir kommen, desto mehr Büsche und Sträucher, Pinien und andere Nadelhölzer sehen wir.
Kurz vor dem Erreichen des Nationalparks stoßen wir erstmals auf Schnee am Straßenrand, erst wenig, dann etwa ein Meter hoch zusammengeschoben und mit Erreichen des Parks nochmal etwas höher. Schneeketten oder gar ein kleineres (zusätzlich) gemietetes Auto brauchten wir auf keinen Fall. Die Straße ist in einem super Zustand und die Temperaturen steigen in den kommenden Tagen sogar nochmal an — Niederschlag ist nicht in Sicht.
Auf dem Parkplatz des Visitor Center stellen wir unser RV ab und wir ziehen unsere Wintersachen und Wanderstiefel an, um auf die Suche nach dem General Grant Tree zu gehen, einem der größten Bäume der Welt.
BÄUME SO GROSS, DASS SIE NICHT AUFS BILD PASSEN
Auf Grund der Schneehöhe abseits der Straßen folgt unsere Wanderung der asphaltierten Straße und wir stapfen die Serpentinen hinab bis zu einem Parkplatz, an dem ein kleiner Rundweg mit Informationen zu den Mammutbäumen beginnt. Auf unserem Weg dahin halten wir mehrfach für Fotos an, aber es ist schwierig die Bäume in ihrer Gänze aufs Bild zu bekommen: Der Durchmesser dieser Baumriesen ist zwischen 6 und 12 Meter, sie wachsen über 70m und thronen somit über den Wipfeln der umliegenden Zedern und Pinien.
Angekommen, beschließen wir den kleinen Rundweg zu begehen, in dessen Verlauf wir auch den General Grant Tree sehen werden, den dritt größten Baum der Welt. Sein Alter wird auf über 1.700 Jahre geschätzt. Auf dem Rundweg gibt es auch die Möglichkeit durch einen ausgehöhlten Sequioa-Baumstamm zu gehen. Da kommen wir uns sehr klein und unbedeutend vor.
Nachdem wir den Rundweg abgeschlossen haben, spazierten wir wieder bergauf zum Wohnmobil, um dort eine Mittagspause einzulegen. Wir spazieren zum kleinen Shop für ein paar neue Postkarten, zwei kleinen Brotdosen für Ella und einem Sticker, vor dem Visitor Center stempeln wir unsere Reisepässe mit dem offiziellen Nationalpark-Stempel. Im gegenüber des geparkten Autos befindlichen Post Office kauften wir noch ein paar (diesmal richtige Briefmarken) und steckten endlich die bisher geschriebenen Karten in den Briefkasten.
Ergriffen von der schieren Größe der Bäume und dem Gedanken, was sie wohl schon alles erlebt haben, spazieren wir durch den General Grant Grove.
AUF HALBEM WEG IN DEN YOSEMITE
Bereits im Vorfeld haben wir uns die Streckenplanung der kommenden Tage angeguckt und einige Campingplätze reserviert, damit wir nicht wieder das gleiche Problem bekommen wie gestern.
Der nächste Stellplatz befindet sich in Oakhurst, auf halbem Weg in den Yosemite Nationalpark. Das bedeutet für uns, dass wir noch einmal etwa 2 Stunden auf der Straße verbringen. Wir kommen am späten Nachmittag an, checken schnell ein und nutzen das verbleibende Rest-Tageslicht für einen kleinen Spaziergang durch das Städtchen. Wir finden einen Supermarkt und machen noch einige kleine Besorgungen, bevor wir zurück zum Wohnmobil spazieren. Viel ist nicht mehr los abseits der Hauptstraße, wie wie auch an den vor uns grasenden Rehen sehen konnten.
Nach einem Glas selbst gemachter Bowle aus Wein und Mandarinenkompott und einer Portion Nudeln spielen Lisa und ich noch eine Runde Backgammon und fallen dann müde aber glücklich ins Bett.